Nach der aktuellen Regelung gibt es zwar die Abstimmungsmöglichkeiten Ja, Nein und Enthaltung - eine Enthaltung wird jedoch für die Beschlussfassung wie eine Nein-Stimme gezählt. Diese Regelung führt zu Verwirrung, unnötiger Komplexität und beschränkt die Abstimmungsmöglichkeiten der Delegierten, da eine "echte" Enthaltung nur über den Umweg einer nicht abgegebenen Stimme möglich ist. Unser Änderungsvorschlag entspricht auch der Regelung in §32 BGB.
Bei einer 2/3-Mehrheit sollen weiterhin 2/3 Ja-Stimmen notwendig sein, analog zur BGB-Regelung.
Bei einer Annahme des Änderungsantrags die Definition von einfacher und 2/3-Mehrheit auch (redaktionell) in das Kapitel 2 Begriffsbestimmungen verschoben werden. Zur Diskussion des Änderungsantrags haben wir es hier an einer Stelle gelassen.
Kommentare
Daniel Rockel (privat):
Aus meiner Sicht verfängt die Argumentation nicht. Zum einen ist die neue Formulierung mindestens genauso komplex und im Text sogar länger.
Zum anderen ist auch demokratietheoretisch die "echte Enthaltung" völlig irrelevant. Denn diese taucht ja in der bisherigen Formulierung überhaupt nicht auf. Das Kriterium einer Annahme ist, dass mehr als die Hälfte einer definierten Gesamtheit, sich hinter dem Antrag versammelt. Es ist völlig egal, aus welchen Gründen sich andere Menschen nicht hinter den Antrag stellen. Ob sie eine Gegenteilige Meinung haben, unentschieden sind o.ä.
Man denkt hier nur in den Kategorien "Ja" und "Nicht-Ja". Das hat auch gute Gründe z.B. für den Bestand eines solchen Antrags. Selbst wenn sich nach der Annahme auf der Seite der "Nicht-Ja" Fraktion noch Verschiebungen ergeben hat der Antrag Bestand. Bei einer einfachen Mehrheit könnten Wechsel zwischen Enthaltung und Nein Stimmen zur erneuten Abstimmungen mit geänderten Ergebnissen führen.
Dies ist nur ein Grund für ein entsprechend qualifiziertes Quorum, welches ich nach wie vor als sinnvoll erachte. Insbesondere, wenn man es dann bei der 2/3 Mehrheit wieder genauso handhabt.
Simon Schwarzmüller (KjG):
Zur Komplexität trägt bei, dass die Regelung vom im BGB festgelegten Normalfall abweicht, wenn ich bspw. aus anderen Vereinen, die keine Sonderregelung in ihrer Satzung / Geschäftsordnung getroffen haben, diese Regelung kenne (s. https://www.vereinswelt.de/mitgliedschaft/abstimmungen/abstimmungsmehrheiten-ermitteln/#:~:text=Die%20einfache%20Stimmenmehrheit%20bedeutet%2C%20dass,des%20B%C3%BCrgerlichen%20Gesetzbuches%20(BGB).)
Das Argument, dass Wechsel zwischen Enthaltung und Nein Stimmen zur erneuten Abstimmungen mit geänderten Ergebnissen führen, greift für mich nicht - im Gegenteil. Wenn mir das Ergebnis des Antrags vorher egal war und ich meine Meinung dahingehend ändere, dass ich den Antrag ablehne (oder umgekehrt), sollte das einen Unterschied machen.
Bei der 2/3-Regelung orientieren wir uns ebenfalls an der im BGB festgehaltenen Regelung.
Daniel Rockel:
Wir beschließen bei uns alles mit qualifizierten Mehrheiten die wir exakt angeben. Im Regelfall heißt das bei uns 50% der abgegebenen Stimmen, in Ausnahmefällen auch 2/3 der abgegebenen oder 50% aller stimmberechtigten Mitglieder.
Genau das was du beschreibst, nämlich dass ein Wechsel einzelner Meinungen direkt aufs Ergebnis durchschlägt möchte man bewusst verhindern.
Ein 2/3 Quorum sorgt dafür, dass selbst beim wechsel weniger Stimmen von Ja nach Nein sich der Ausgang des Beschlusses nicht ändert. Dies ist wichtig, da es ja in der Regel um weitreichende Beschlüsse geht die man nicht jährlich ändern möchte.
Unser Quorum bei Anträgen und Wahlen sorgt immerhin dafür, dass bei Verschiebungen zwischen Nein und Enthaltung der Antrag nicht aufgehoben wird.
Aus meiner Sicht sorgt auch die Formulierung der Einfachen Mehrheit für mehr Chaos, denn in unterschiedlichsten Vereinen werden eben "abgegebene Stimmen" unterschiedlich definiert. Auch wenn das BGB eine Definition vorgibt, wird davon oft abgewichen. Daher halte ich eine präzise Definition der Mehrheit für deutlich verständlicher als von einfachen, relativen oder absoluten Mehrheiten zu sprechen. Da wir nicht das BGB sind müssten wir die Begriffe dann ohnehin definieren.
Simon Schwarzmüller (KjG):
Dass wir alles mit qualifizierten Mehrheiten beschließen, ändert ja nichts an dem Argument bzgl. der suggerierten Auswirkung von Enthaltungen auf die Beschlussfassungen.
Wenn ich deiner Argumentation folge, wäre es für mich sinnvoller, Enthaltungen komplett zu streichen statt bei der aktuellen Regelung zu bleiben.
Und auch bei 2/3-Mehrheiten kann sich "beim Wechsel weniger Stimmen von Ja nach Nein" der Ausgang des Beschlusses ändern, z.B. bei einem Abstimmungsergebnis von 20 Ja, 10 Nein, 0 Enthaltungen.
Daniel Rockel:
Natürlich muss die Konferenz das entscheiden. Die Vorgeschlagene Änderung ist eben eine enorme Abschwächung der Quoren. Es kann in vielen Fällen mit viel weniger Zustimmung ein Antrag durchgebracht werden.
Ich sehe das Argument einer "unnötigen Komplexität" nicht gegeben, wenn die alternative Formulierung mindestens genauso komplex ist (aus meiner Sicht sogar komplexer). Und das Argument hier wie im BGB vorzugehen verstehe ich zwar, wiegt aber nicht gegen die Nachteile der viel geringerwertigen Quoren auf.